BEATSTEAKS

 
Den ganzen März sind die Beatsteaks schon unterwegs durch Deutschland, um ihre aktuelle Platte "Boombox" der Republik live zu präsentieren. Gestern Abend haben sie die letzte der 16 Shows beinhaltenden Tour in Ludwigsburg gespielt. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt ihnen jedoch nicht, da sich das Berliner Quintett ab Mitte April erneut aufmacht Europa zu bespielen. Frankreich, Dänemark, Finnland, Polen, Niederlande, Belgien, Großbritannien und Spanien stehen für den sympathischen Fünfer auf dem Programm. Bevor es aber soweit ist, konnten wir die Rasselbande am Rande ihres Stops in Leipzig abfangen und mit den Gitarristen Peter Baumann und Bernd Kurtzke ein Wörtchen über Tourkomfort, den Aufnahmeprozess und die Zusammenarbeit mit dem Erfolgsproduzenten Nick Launay reden. Obendrein gestikulierten die Beiden darüber, wie ihr schlimmster Kater ausgesehen hat und wie es um ihre Männlichkeit bestellt ist.

mvw: Euer ausgedehnter Tourmärz neigt sich dem Ende zu. Wie ist die Gemütslage?


peter: Alles super, wir haben keine Art Tourkoller, fühlen uns weder müde noch ausgepumpt und sind bei bester Gesundheit.

mvw: Nach vielen Jahren des Live-Spielens, sind da die Konzerte mittlerweile Routine oder spürt ihr schon noch Aufregung?

bernd: Naja, wir versuchen es einfach nicht zur Routine verkommen zu lassen. Das ist das Interessante bei uns. Wir versuchen stets, unsere Setlist umzubauen oder neue Dinge zu integrieren, die die Konzerte für uns immer wieder interessant machen.
peter: Die Aufregung ist definitiv noch da, sei es ein großes oder kleines Konzert. Es wäre ja auch komisch, wenn wir völlig unbeeindruckt vor so vielen Leuten stehen würden.

mvw: Wie fällt euer bisheriges Fazit zur aktuellen Tour aus?

bernd: Das sind definitiv sehr große Hallen, die wir da bespielen dürfen. Manchmal stehe ich so vor den Bühnen und denke mir nur 'Ach du meine Güte'.
peter: Ja, man fragt sich schon des öfteren 'Und wer kommt heute noch hier?' Das kann ja wohl kaum nur für uns sein. Im Großen und Ganzen muss ich schon sagen, dass es nicht besser sein könnte.

mvw: Bei Amazon bietet man mir neben Boombox Social Distortion an. Gut so?


mvw: Der besondere Moment der Tour...

peter: Die Konzerte hatten alle ihre besonderen Momente und waren speziell, aber besonders beeindruckend ist natürlich die Dortmunder Westfalenhalle. Dort zu spielen, ist schon kein Puppenspiel. Aber Zürich war auch irgendwie toll. So gesehen das größte und das kleinste Konzert. Die zwei würde ich zumindest nennen, wenn ich müsste, aber nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass alle Konzerte Spaß gemacht haben.

mvw: Hat sich euer Tourleben auch mit den Jahren gewandelt?

bernd: Ja, es ist alles ein bisschen komfortabler. Wir werden ja auch nicht jünger. (lacht)
peter: Es ist schon angenehmer, keiner braucht sein Ego rauszukehren und jeder weiß miteinander umzugehen. Da fällt natürlich auf, wie gut wir es haben. Wir wissen aber auch, dass das bald vorbei ist, da wir ab Mai auf Europa-Tour gehen und da nicht viel übrig bleibt von dem ganzen Schnick-Schnack, außer dem Bus und dem Hänger hinten dran. Hotels und ausführliches Catering fallen dann weg, aber auch auf das freue ich mich.
bernd: Dann heißt es wieder selber fahren. (lacht)

mvw: Die "Boombox" habt ihr ja selbst bei euch im Proberaum aufgenommen. Wolltet oder konntet ihr damit nicht in ein Studio gehen?

bernd:
Wir haben ja versucht, in ein Studio zu gehen, aber das hat nicht gepasst. Das war nicht unser Ding. Man hat keine Ruhe, wenn da tausend Leute um einen rumwuseln. Die Idee hinter den Probeaufnahmen war einfach, dass da nur wir fünf sind und ohne Ablenkung Musik machen können. Was kann es denn bitte besseres geben, als genau den Moment einzufangen.

mvw: Lief das dann auch dementsprechend ab wie so eine Bandprobe, die ihr gefühlt eigentlich gar nicht aufnehmt?

peter: Naja, wir haben einfach alles aufgenommen. (lacht) Das war nicht so, dass wir gesagt haben: "Jetzt nehmen wir auf." Wir haben einfach alle Sets mitgeschnitten und danach überlegt, ob das so gut ist oder nicht. Wir konnten machen, was wir wollten und waren von nichts drumherum abgelenkt oder von irgendetwas abhängig. Alles wurde auf ein Minimum reduziert und ging direkt zum Kern.

mvw: Klappte das dann auch diszipliniert mit geregelten Aufnahmezeiten oder lief das eher so locker in nächtlichen Sessions ab?

bernd:
Wir brauchten schon unsere Regelmäßigkeit und genaue Tageszeiten, wann letztlich aufgenommen wurde. So einfach war das jetzt nicht. Es ist schon damit vergleichbar, wenn man "normal" auf Arbeit geht.
peter: Wir haben schon Vorbereitungen getroffen. Meistens machten wir an dem einen Tag die grobe Planung für den nächsten Tag. Oft ging das dann so zwischen 10 und 12 Uhr mit offenem Ende los. Wir haben zwar meist versucht, dass wir gegen 8, 9, 10 Uhr abends zu Hause waren, aber wenn es dann mal länger ging, hat jetzt auch keiner aufgemuckt.

mvw: Zeigt mal so 'nen richtig schönen Kater!


mvw: Dann war das Ergebnis im Kasten. Ihr seid damit und mit der Resonanz vollkommen zufrieden?

peter: Eigentlich schon. Man versucht ja immer die Platte so zu machen, dass man selbst damit zufrieden ist. Obendrein hatten wir ja mit Nick Launay noch einen Joker im Ärmel, auf den wir uns auch wahnsinnig gefreut haben. Dadurch entstand ja eine gute Kombination aus unseren nicht so hochprofessionellen Probeaufnahmen und der international anerkannten, tollen Arbeit von ihm. Das hat dann ja sehr gut gepasst.

mvw: Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit ihm gekommen?

bernd: Wir hatten mal so ein Probetermin und haben daraufhin ein Ranking von drei Leuten erstellt, mit denen wir Lust hatten zu arbeiten. Da war er dabei und hat am Besten zu uns gepasst.
peter: Dann haben wir ihn mal getroffen, ein wenig geplaudert und gefragt, ob er denn unsere Platte produzieren könnte. Das Problem ist, dass ein Typ wie er höchstens ein Zeitfenster von zwei Wochen für so etwas frei hat. Wir waren uns daraufhin einig, dass alle Songs schon im Gepäck sein müssen, wenn wir wirklich  mit ihm zusammenarbeiten wollen. So beschlossen wir auch, dass wir alles selbst aufnehmen. Da dann so viel Herzblut drin steckte, reichte es auch nicht aus, dass wir die Aufnahmen einfach nur zu ihm nach Amerika schickten. Wir sind da zum ersten Mal in unserer Bandgeschichte getrennte Wege gegangen: Arnim und Thomas sind rüberflogen, während der Rest hier geblieben ist und sich um die Promoarbeit gekümmert hat.
bernd: Das war aber auch wahnsinnig anstrengend, da wir tagsüber den Promokram erledigt haben, um uns teilweise nachts noch um das Mastering zu kümmern. Also die Tracks anhören, gegenhören und sagen: "Nee, das klingt doof."  - das ist nicht zu verachten. (lacht)

mvw: In einem Forum stand, euer Cover sei hässlich. Eure Rechtfertigung?


mvw: Wie habt ihr dann ausgewählt, wer nach Amerika fliegt und wer hier bleibt?

peter: Wir haben versucht, die größtmögliche Geschmacksschere in der Band zu finden.
bernd: Die größten Pole!
peter: Mit Thomas ist sozusagen der Alternativste und mit Arnim der Poppigste geflogen. Das war ein ganz guter Schnitt und hat ja auch gut geklappt. Ich wollte das auch nicht unbedingt machen, da man da ja im Auftrag aller handeln musste. Wir haben dann immer über Skype kommuniziert und sie haben uns Mixe geschickt und Kommentare geschrieben.

mvw: Ich hab gelesen, dass das Album eine attraktive Frau mit Drei-Tage-Bart und umgehängter AK 47 sei. Sexy, bedrohlich, überraschend. Welcher Song kommt eurer Meinung nach dieser These am Nähesten?

bernd:
Es ist die Kombination aus allen Songs, die Mischung dass da kein Track so klingt wie der andere.
peter:
Welcher Song? Das ist schwierig zu sagen und wir begeben uns da ungern in Beschreibung unserer eigenen Presseabteilung. (lacht)

mvw: Also brauche ich auch nicht zu fragen, was denn "Automatic" zum "Monstersommerhit" macht, oder?

peter:
Keine Ahnung, die Leute machen es zu dem. Wir schreiben das Lied und freuen uns darüber, dass es gut klingt, aber welche Stimmung es hervorruft und zu welcher Jahreszeit es passt, das entscheiden die Menschen.
bernd:
Bei uns sind die Entscheidungen generell ein Bauchgefühl. Man kann das nicht genau benennen. Ich möchte jetzt auch mal was schlaues sagen: Musiker sind wie Architekten! Sie bauen die Häuser, aber wohnen müssen andere darin. Das ist meist auch so, weil du die Musik nicht immer erklären kannst.

mvw: Wie sieht Boombox aus?


mvw: In euren Köpfen gibt es da momentan nur das Touren oder entstehen gleichzeitig auch schon wieder Ideen für die Zukunft?

peter: Das geht jetzt schrittweise wieder los. Wir mussten uns zunächst erst einmal daran gewöhnen, wieder auf Tour zu sein und in der Öffentlichkeit zu stehen. Abgesehen davon waren wir noch nie die Band, die im Tourbus ein neues Album geschrieben hat, weil wir uns dafür schon gerne Zeit nehmen. Trotz allem denke ich aber, dass Thomas da schon wieder an ein paar Ideen werkelt. Es fehlt aber auch an Zeit und wenn zum Beispiel ein Konzert vorbei ist, dann muss da auch mal gut sein mit Musik, damit man am nächsten wieder genug Energie hat.
bernd: Die kreative Arbeit läuft ja eigentlich stetig mit und wird gelegentlich von einer Tour oder ähnlichem unterbrochen. Das ist eine Sache, die immer da ist und man schauen muss, was dabei heraus kommt.

"Habt ihr Eier?"


Webseite: beatsteaks.com

Im Original erschienen auf motor.de am 28/03/2011