Aus
der Pornobranche in die Politik und dazwischen schrieben sie auch noch
jede Menge Lieder. Die Doc Foster Band hat viele Gesichter und sie liebt
es diese zu ihren Gunsten zu nutzen. Sechs Veröffentlichungen
musikalischer Art, eine komplette Staffel der bandeigenen Documentary
sowie das, in der Schauspielschule für Pornografie erlernte, Know-How
des Unwiderstehlichen kann ihnen niemand mehr nehmen. Wir trafen uns mit
dem Sänger und selbsternannten "kreativen Kopf" der Band, Lars Spast,
in einem Leipziger Waschsalon, um logischerweise jede Menge dreckige
Wäsche zu waschen.
mvw: Ihr seid schon länger `ne Gang, habt ihr schon gemeinsam im Sandkasten gespielt oder wann habt ihr zusammengefunden?
lars spast: Nee, meinen Bruder Jakob kenne ich ja erst seit 3 Jahren. Mit Steven Krokodil ist es eine längere Geschichte, so von klein auf, später haben wir uns auch erst einmal wieder getrennt, da wir festgestellt haben, dass wir doch zum anderen Geschlecht neigen und haben uns beide eine Frau gesucht. Der Kontakt zu Kostas kam über unseren damaligen Produzenten, der unsere Low-Budget Pornofilme unterstützt hat, zustande.
mvw: Wie lange wart ihr in dieser Branche unterwegs?
lars spast:
Wir haben da nur kurz mitgewirkt, so ein bis zwei Jahre, aber Kostas
war in Griechenland ein großes Tier. Der ist gleich nach dem Abitur da
reingerutscht.
mvw: Also kennst du Steven bisher am Längsten? Habt ihr da manchmal nicht auch die Schnauze voll voneinander?
lars spast:
Ja, definitiv, aber Musik ist so eine Art Portal. Du, zum Beispiel,
bist ein physischer Mensch, ich eher der psychische und in diesem Portal
kann ich das Physische alles ausblenden. So bewege mich auf einer
anderen Ebene, auf der ich damit absolut zurechtkomme.
mvw:
Fernab von den Pornofilmen habt ihr noch weitere Filmprojekte, so zum
Beispiel eure bandeigene Dokumentation. Seht ihr euch denn als so
wichtig an, euer eigenes Leben zu verfilmen?
lars spast:
Nein, überhaupt nicht, aber um unseren Video-Output weiter zu füttern,
haben wir eigentlich erstmal nur einen Teaser über die Band drehen
wollen, was auch die erste Folge der Documentary und mehr so eine
Aneinanderreihung von irgendwelchen Clips ist. Dann haben wir uns
überlegt, dass es doch schick wäre ein audiovisuelles Tagebuch der Band
zu machen, was dann aber aufgrund der nicht vorhandenen Aktualität auch
nicht so recht geklappt hat. Nichtsdestotrotz gibt es mittlerweile eine
ganze Staffel mit sieben Folgen, in der sich irgendwann ein roter Faden
entwickelte, dem wir dann versucht haben zu folgen. Dabei beruht alles
auf einer wahren Geschichte, zu der wir dann noch ein wenig fiktiv und
kreativ hinzugedichtet haben.
mvw: Inhaltlich mündete es dann in eurem aktuellen Musikvideo zum Song „Loiterer“?
lars spast:
Das ist der Abschluss der Staffel, genau. Zur Zeit planen wir eine
weitere Reihe, in der wir auch vermehrt den anderen Bands aus unserem
Netzwerk, wie z.B. Talking to Turtles oder Fabian Schütze von Analogsoul, Platz einräumen möchten. Da laufen jedoch erst die Vorbereitungen, also lass uns da noch einmal in zehn Jahren reden (lacht). Vielleicht erreicht das Ganze dann auch mehr Leute.
mvw: Fabian Schütze hat mit seiner Band A Forest
jetzt ein neues Konzept der Vermarktung entworfen, bei der sich die
Bandmitglieder nicht mehr nur als Musiker sehen, sondern vielmehr als
Teil einer neuen, digitalen Kultur, bei der sie Absatz, Fans und Sinn in
einer eigenen Währung, unter dem Motto „Werde Teil des Waldes, sag I AM
A Forest. BECOME A LEAF!“, bündeln wollen. Wäre das auch eine denkbare
Strategie für euch, um mehr in den Fokus zu geraten?
lars spast: So sektenmäßig? Auf jeden Fall. Wir haben durch die ganzen Videos, die Doku und den Teaser für unser Vision Bakery-Projekt
Geschmack daran gefunden Mythen und Legenden über uns zu erfinden.
Unsere Bandbiografie ist ja auch eher fantastisch, aber wahr (lacht)
und ich denke, wir hätten schon genug Energien eine Sekte um uns herum
aufzubauen. Wir arbeiten auch gerade an einem Film über uns, der die
letzten vierzig Jahre mit all den Skandalen festhalten soll, obwohl es
uns ja in der Form erst zwei Jahre gibt. Genau das ist aber das Schöne —
sich einfach Geschichten auszudenken, irgendwelche Filme zu drehen und
das zu Promozwecken mit rauszuhauen, damit die Leute nicht so richtig
wissen können, was sie bekommen.
mvw: Ihr versucht in diesem Sinne schon euren eigenen Weg zu finden?
lars spast:
Ja und vor allem das Filmische ist mir und auch den anderen dabei sehr
wichtig. Wir verstehen unsere Musik eher als Filmmusik und auch beim
Schreiben der Lieder, achten wir immer darauf, dass es irgendwie
audiovisuell übertragbar ist, damit immer ein Video daraus entstehen
könnte. Ein Song sollte immer auch Soundtrack sein können.
mvw: Und damit das passt bezeichnet ihr einen Mensch auch gern mal als „Fettsack“, wie in eurem Song „Fatso“?
lars spast:
Naja, vielleicht. In dem Fall geht es aber um einen gierigen Diktator
der fettige Würmerfinger hat und seine Untertanen unterdrückt.
mvw:
Überhaupt spielt Hass schon eine große Rolle auf eurer aktuellen Platte
„Voodoo Hypno Soundo“. In einer der ersten Episoden der Dokumentation
sagst du: „Hass ist aber auch ein Gefühl.“...
lars spast: ... Moment, Hass als Gefühl ist schwach, aber Hass als Muskel ist wiederum stark und der muss trainiert werden.
mvw: Wie trainierst du den?
lars spast:
Immer ein bisschen Abstand halten und nicht das Emotional-Pubertäre
durchkommen lassen. Lieber mal die Sache, die man hasst, zwei Tage ruhen
lassen und dann analysieren und festhalten, um daraufhin kühl und
brutal dagegen vorgehen zu können.
mvw: Woher rührt denn die Faszination den Hassmuskel zu trainieren?
lars spast:
Naja, über Liebe wird ausreichend gesungen und im Ernst, wenn richtige
Kerle einen Film gucken, dann schauen die doch keine Liebesschnulze,
sondern vielmehr Filme mit bösen Jungs, weil das viel interessanter ist.
Dazu kommt, wenn wir hassen, dann ist das ja auch konstruktiv und ein
jeder könnte mit diesen Botschaften arbeiten. Wir sind nicht aggro, eher
anti. Das impliziert aber auch das wir anti denjenigen gegenüber sind,
die unserer Meinung sind. Also, wenn in einer Gruppe jemand gegen
Burkhard wettert, dann kann es schnell passieren, dass ich daraufhin für
Burkhard bin.
mvw: Damit sprichst du den Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung
an, dem ihr auf „Voodoo Hypno Soundo“ einen ganzen Song widmet. Kommt
nach dem Filme machen und der Musik jetzt die Politik dran?
lars spast:
Ja, wir machen Politik, audiovisuelle Politik. Es war an der Zeit, die
Lieder waren fertig als wir feststellten, dass wir mit Kostas und seiner
Kommunisten-Squad-Vergangenheit in Griechenland eine richtige Zecke
dazu gewonnen haben, der uns neue Impulse für die Zukunft gibt. Es wird
also immer politischer, obwohl wir wissen, dass man auch genug Abstand
halten muss, da man ansonsten angreifbar wird.
mvw:
Und in Leipzig macht ihr euch Gedanken über den Oberbürgermeister,
ratet ihm im Song „Burkhard“ gar fürsorglich, doch mal ein wenig kürzer
zu treten. Macht ihr euch Sorgen um ihn?
lars spast: (lacht)
Nee, nee, wir machen uns eher Sorgen um die Stadt. Burkhard ist uns
scheißegal. Wir denken, er ist der falsche Mann, am falschen Platz. So
wie er Stadtpolitik betreibt, explizit wie die Ausgaben falsch verteilt
werden, müsste er auch eher „ökonomischen“ Parteien wie der FDP oder der
CDU angehören. Dass er sich gerne mit der breiten Subkultur Leipzigs
brüstet, wenn mal wieder irgendeine englische oder amerikanische
Zeitschrift darüber berichtet, sie dann aber nicht unterstützt, sondern
einfach nur hoch hält, ist ein Beispiel was ich immer gerne benutze.
Diese grob geschätzten 5 Millionen Euro die jährlich an die freie Szene
gehen, reichen halt nicht aus und er weigert sich auch partout diese
Summe aufzustocken. Logisch, brauch die sogenannte Hochkultur wie die
Oper oder das Gewandhaus mehr Geld um ihre Bühnen zu bauen und ihre
Beschäftigten zu bezahlen, aber so Leute, wie Riccardo Chailly,
brauchen kein Millionengehalt. Darüber hinaus wird das Geld, was für
Kultur da wäre, in die Wirtschaft gelenkt und trotz der ökonomischen
Politik Jungs ist Leipzig die Stadt mit 25% Arbeitslosigkeit. Das ist
dann wohl der falsche Weg.
mvw: Euch geht es also vorwiegend um die Kulturpolitik?
lars spast:
Nein, wir können da auch über andere Sachen reden. Burkhard Jung ist
auch einer der Vetternwirtschaft betreibt, der seine Freunde, Komplizen
und ehemaligen Kommilitonen bevorteilt. Nehmen wir das 1000-jährige
Jubiläum der Stadt. In der DDR gab es schon das 850-jährige und jetzt
also das 1000-jährige (lacht) und das auch nur um mal wieder in
die Welt rausgehen zu können, zu zeigen, dass wir das bessere Berlin
sind und so ein Kram. Jedenfalls hat die Stadt für das Logo dieses
Festes ein Ausschreiben gemacht und ich weiß aus sicherer Quelle, dass
das Logo was es letztlich geworden ist, nach Umfragewerten auf dem
letzten Platz lag und dann wahrscheinlich nur genommen wurde, weil der
Schöpfer des Entwurfs die gleiche Person ist, wie der Beauftragte für
die Wahlkampfplakate Jungs. Ähnliches und vielleicht berühmteres
Beispiel, die Suche nach einem neuen Intendanten am ehemaligen
Centraltheater, für das extra eine unabhängige Jury herbeigezogen wurde,
die einen Nachfolger für Sebastian Hartmann gefunden hatten, der aber
wohl jenem zu ähnlich war, sodass Burkhard über alle Köpfe hinweg seinen
alten Freund und Kommilitonen Enrico Lübbe aus Chemnitz holte.
mvw: So gesehen schreibt ihr euch auf die Fahne auf diese „Missstände“ aufmerksam zu machen?
lars spast:
Ja, und wir könnten da jetzt noch eine ganze Weile so weiter machen,
aber das würde mit Sicherheit den Rahmen sprengen. Letztlich ist er ja
auch nur in seiner zweiten Amtszeit, weil niemand diesen bayerischen
Polizeifaschisten haben wollte (lacht). Wir wollen das auch nicht
nur an ihm festmachen, da im Stadtrat auch alle Parteien vertreten
sind, aber es wird Zeit, dass da mal eine ordentliche Opposition
heranwächst, die sich deutlicher abgrenzt und sich gegen die Mediensau
auch mal durchsetzen kann.
mvw: Also Schluss mit dem ganzen „Hypezig“-Wahn?
lars spast: Ach, das ist doch schon wieder ausgelutscht. Chemnitz ist das neue Leipzig!
mvw: Was wünscht du dir in diesem Sinne für die Zukunft?
lars spast:
Für uns wünsche ich mir noch mal ein 2013, mit einem neuem Album und
der Fortsetzung unseres Underground-Festivals und für Leipzig ein Leben
ohne Burkhard Jung.
Webseite: docfosterband.com
Webseite: docfosterband.com